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Kink Shaming: Deshalb ist das Mobbing wegen Sex-Fetischen ein No-Go
Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten und jeder Mensch hat ganz individuelle Vorlieben – beim Essen, beim Dating und natürlich beim Sex! Wer im Bett auf ganz bestimmte Dinge und Praktiken steht, hat einen Kink oder Fetisch. Personen mit einem Kink werden leider immer wieder Opfer von Kink Shaming. Wir erklären die Bedeutung von Kink Shame, warum es ein beim Dating ein No-Go ist und was man dagegen tun kann.
Was bedeutet Kink Shaming?
Während Body oder Fat Shaming mittlerweile ein Begriff sind, ist Kink Shaming außerhalb sexpositiver Communitys kaum bekannt. Beim Kink Shaming werden Menschen mit diversen sexuellen Vorlieben (meist aus dem BDSM-Bereich) erniedrigt, ausgelacht, abgelehnt und vorverurteilt. Es existieren eine Menge unreflektierter und falscher Behauptungen über Sexpraktiken wie beispielsweise Bondage, Spanking oder auch Pet Play.
Wer denkt, dass nur die BDSM-Szene von Kink Shame betroffen ist, der irrt. Anhänger des sinnlichen Vanilla-Sex gelten als langweilige Softies und Periodensex-Liebhaber sind ebenfalls Scham und Schande ausgesetzt. Aber auch Fußfetischisten sind nicht sicher vor Spott und Hohn, ebenso wie devote Männer, die gern eine Domina besuchen.
Kink Shamer erkennt man daran, dass sie bestimmte Sexpraktiken, Sexstellungen oder Fetische abwerten und als absurd darstellen. Menschen werden für ihre intimen Vorlieben in Verlegenheit gebracht und/oder ausgelacht. Offenbart sich ein potenzieller Date-Partner, wird er vom Shamer direkt abgewertet.
Kink Shaming ist besonders in der sexuellen Findungsphase junger Menschen total kontraporduktiv. Das gilt übrigens auch für das ungefragte Outen von Freunden, Bekannten und Casual-Sex-Partnern, wenn man von deren Vorlieben im Bett weiß.
Wie erkennt man Kink Shame?
Die Vorverurteilung von sexuellen Bedürfnissen und Vorlieben passiert meist dann, wenn die eigenen Vorstellungen von Ästhetik, Lust und Leidenschaft nicht mit dem Kink anderer Menschen zusammenpassen. Natürlich ist es vollkommen okay, Fetische oder Vorlieben für sich selbst abzulehnen oder kritisch zu hinterfragen. Was für die einen eklig oder abstoßend ist, finden die anderen erregend und lustvoll.
Kink Shaming passiert übrigens ziemlich oft im Alltag – und zwar im Gespräch mit Freunden oder Kollegen. In Unterhaltungen werden folgende Vorlieben oder Kinks besonders häufig „geshamt”:
Sex während der Menstruation
„Du hast während deiner Periode Sex? Eklig! Brauchst du es so dringend?” Diese oder ähnliche Aussagen zu Menstruationssex fallen leider häufig – auch von Frauen! Wer sich Geschlechtsverkehr während der Tage nicht vorstellen kann, muss keinen haben. Es hilft aber, sich intensiver mit der Lust während der Menstruation zu beschäftigen. Denn Sex und Masturbation können bei PMS und anderen Periodenbeschwerden helfen.
Der Besuch bei einer Domina
„Männer, die zu einer Domina gehen, sind keine richtigen Männer.” Abgesehen davon, dass sexuelle Vorlieben nichts mit der Definition von Männlichkeit zu tun haben, ist Paysex mit einer Domina auf keinen Fall unmännlich. Sich fallen lassen können, die Kontrolle über die eigene Lust abgeben und sich ganz in die Hände einer dominanten, erfahrenen Frau geben ist schon fast eine Art Meditation.
Unterwürfigkeit beim Sex
„Wenn du dich beim Sex erniedrigen lässt, musst du etwas Schlimmes in deiner Kindheit erlebt haben.” Devotion oder Unterwürfigkeit beim einvernehmlichen lustvollen Sex haben nichts mit einem (Kindheits-)Trauma zu tun, sondern sind eine bewusste und freie Hingabe. Der devote Part kann tief im Subspace (Ekstase-Zustand) abtauchen und das gemeinsame Spiel genießen. Wer daran keine Freude hat, sollte sich mit Meinungen zurückhalten und keine psychologischen Mutmaßungen anstellen.
Feministischer Sex
„Feministische Frauen lassen sich von Männern nicht ins Gesicht spritzen!” In der Grundidee des Feminismus ist der Gedanke enthalten, dass alle Frauen die Art von Sexualität frei ausleben können, die sie befriedigt. Steht eine Frau darauf, wenn ihr Sexpartner sie anspritzt, dann ist das genauso feministisch, wie beispielsweise die Kontrolle beim Facesitting zu übernehmen.
Die Folgen von Kink Shaming
Verurteilungen und Abwertungen können schwerwiegenden Folgen für Betroffene haben. Das gilt nicht nur für Body Shaming und Co., sondern vor allem für Kink Shaming. Wem indirekt oder direkt suggeriert wird, dass sein sexuelles Verlangen und seine Vorlieben lächerlich oder abartig sind, wird sich nicht trauen, darüber zu sprechen oder seine Fantasien gar auszuleben.
Dauerhafte sexuelle Unzufriedenheit kann sich negativ auf das Liebesleben und die allgemeine Lebensqualität auswirken. Während viele Shaming-Themen bereits in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, haben es Menschen mit einem speziellen oder bizarren sexuellen Vorlieben oft schwer. Die so oft angepriesene Akzeptanz und Freiheit sollte jeder und jede Einzelne auch in Bezug auf die Kinks anderer Menschen leben. Wichtig ist dabei, dass jede sexuelle Handlung einvernehmlich passiert und niemand gefährdet wird.
Wer Kink Shaming in Gesprächen mitbekommt, sollte Stellung beziehen und auf das Fehlverhalten hinweisen – das gilt auch beim Online-Dating. Und natürlich sich selbst reflektieren, bevor man sich zu den sexuellen Wünschen und Fetischen anderer Menschen äußert. Am besten geht man mit den Kinks anderer so um, wie man sich den Umgang der eigenen Sexualität wünscht.