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Wie lange dauert (guter) Sex?
Gut ist Sex nur dann, wenn er die ganze Nacht dauert? Verschwitzte Körper, die stundenlang auf ihrer Jagd nach multiplen Orgasmen übereinander herfallen, kennen viele entweder aus der allerersten Verliebtheitsphase oder aus Filmen. Aber sagt die Sex-Dauer wirklich etwas über das Level der Befriedigung aus? Wir haben verschiedene Studien ausgewertet.
Wie lange dauert Sex im Durchschnitt?
Die durchschnittliche Dauer von Sex lässt sich nicht als eine einzige Minutenanzahl angeben. Das hängt zum einen mit der Ausgangslage der jeweiligen Studie zusammen, wie der Definition von Sex und ob die Sex-Dauer eher subjektiv angegeben oder zeitlich gemessen wurde.
In einer Studie der Pennsylvania State University wurden Sexualtherapeuten und Ärzte gebeten, die durchschnittliche Dauer des Geschlechtsaktes ihrer Klienten anzugeben – und diese lag zwischen 3 und 13 Minuten. Das ist nicht nur ein eher ungenauer Zeitrahmen, sondern auch nur eine geschätzte und fragwürdige Bewertung.
Als „adäquat“ wurde in der Studie eine Sex-Dauer von 7 Minuten angegeben – wohlgemerkt wurde diese eher an der Tatsache gemessen, wie lange ein Mann durchschnittlich braucht, bis er kommt, also ejakuliert. Als „zu lang“ gelten hingegen 10 bis 30 Minuten Liebesspiel.
Eine noch größere zeitliche Diskrepanz bei der Dauer des Geschlechtsverkehrs ergab eine Studie der Universität in Queensland. Im Rahmen dieser Befragung sollten 500 heterosexuelle Paare, die regelmäßig miteinander schlafen, die Zeit beim Sex stoppen. Gemessen wurde der bloße Zeitraum zwischen der Penetration, also dem Eindringen des Penis in die Vagina, bis zur männlichen Ejakulation. Die Ergebnisse lagen zwischen knackigen 33 Sekunden und satten 44 Minuten. Es ergab sich also ein Durchschnittswert von 5,4 Minuten.
Genau genommen ging es in der Studie aus Queensland weniger um die Dauer von gutem Sex, sondern vielmehr um die Frage „Wie lange dauert es, bis ein Mann kommt?“. Homosexuelle Liebesspiele, Slow Sex und auch Geschlechtsverkehr OHNE Penetration werden bei beiden Studien nicht beachtet.
Durchschnittszeit vom Vorspiel bis zum Orgasmus
Aber wie sieht das Vorgehen bei der Studie von Lovehoney, einem britischen Erotik-Onlineshop aus?
In der Umfrage wurden 4.400 Kunden und Kundinnen zur Dauer ihres Geschlechtsverkehrs befragt. Bei heterosexuellen Paaren dauerte der Sex durchschnittlich 19 Minuten. Der „eigentliche“ Geschlechtsakt, also die Penetration, betrug dabei 9 Minuten, 10 Minuten lang wurde sich Zeit für das Vorspiel genommen. In der Lovehoney-Studie wurde also zeitlich der gesamte Geschlechtsverkehr berücksichtigt – zumindest bis zum Orgasmus! Leider fehlen auch hier Daten von queeren Paaren oder anderen Sexpraktiken als der Penetration mit Höhepunkt.
Zu einem ähnlichen Ergebnis wie die Lovehoney-Umfrage kommt auch die Studie des NEON-Magazins, bei der 1.000 Personen im Alter zwischen 25 und 35 Jahren befragt wurden. Auf die Frage „Wie lange dauert euer Sex?“ antworteten 29 Prozent mit 20 bis 30 Minuten und ebenso 29 Prozent mit 10 bis 20 Minuten.
Die Durchschnittsdauer von Sex ist subjektiv, also empfunden, eine andere als objektiv gemessen. Das könnte zum einen an einer Portion Selbstüberschätzung liegen oder es zeigt, dass Paare beim Sex schlichtweg die Zeit vergessen. Und wer guckt beim Rummachen schon auf die Uhr? Wahrscheinlich niemand, und das ist auch gut so. Schließlich sollte guter Sex einfach nur der pure Genuss sein – ohne Zeit- und Raumgefühl.
Andere Länder, andere Sitte: Die durchschnittliche Sex-Dauer nach Ländern
Sex ist auch immer kulturell geprägt. Das machen Studien zu Lieblingsstellungen, Häufigkeit oder sogar der Benutzung von Sexspielzeugen deutlich. Und natürlich existiert auch eine Statistik zur durchschnittlichen Dauer des Liebesakts in verschiedenen Ländern. Der Kondomhersteller Durex hat 2007 eine Studie veröffentlicht, um genau dieser Sache auf den Grund zu gehen.
Das Ergebnis ist eindeutig: Paare aus Nigeria machen „es“ mit 24 Minuten am längsten. Dicht gefolgt von den Griechen mit 23,3 Minuten. Deutschland bewegt sich im gesunden Mittelfeld mit 17,6 Minuten pro Geschlechtsverkehr. Entgegen allen Liebes-Klischees landen die Franzosen mit durchschnittlich 14,6 Minuten vor den Indern mit 13,2 Minuten auf dem vorletzten Platz.
Aber ist Länge wirklich alles oder kommt es nicht vielmehr auf die Lust aufeinander, das Bauchkribbeln und die Leidenschaft an?
Langer Sex gleich guter Sex?!
Ist Sex, der eine Stunde und länger geht, wirklich „besser“ als ein Quickie von wenigen Minuten? Die Antwort ist ganz klar: nein! Der zeitlich bemessene Rahmen von Sex sagt nichts über die Qualität des Liebesaktes aus. In den genannten Umfragen und Studien werden entscheidende Dinge, die wirklich guten und vor allem befriedigenden Sex ausmachen, gar nicht berücksichtigt.
Sex ist mehr als Penetration! Es ist eine Entdeckungsreise der Sinne und ein Zusammenspiel von Körpern und Seelen, das so intensiv sein kann, dass Zeit keine Rolle spielt.
Und wie sieht es mit Slow Sex aus? Statt den Orgasmus als Endpunkt des Geschlechtsverkehrs zu sehen, ist beim Slow Sex der Weg das Ziel. Es geht vor allem darum, sich mit dem Sexpartner zu verbinden, den Körper und die Lust des oder der anderen zu erkunden und sich voll und ganz aufeinander einzulassen – frei von Erwartungen und Druck. Slow Sex kann gut und gerne einige Stunden dauern …
So lange dauert Sex im Alter
Ein weiterer Faktor ist das Alter! Der Sex soll ja bekanntlich im Alter besser werden, aber hat das statistisch betrachtet auch Einfluss auf die Sex-Dauer?
Während Männer laut einer Umfrage im Alter zwischen 18 und 30 Jahren nach durchschnittlich 6,5 Minuten zum Orgasmus kamen, ejakulierten die über 51-jährigen Befragten schon nach 4,3 Minuten. Aber auch diese Zeitangaben sagen im Grunde nichts über die Qualität des Liebeslebens der Generationen aus.
Guter Sex ist zeitlos!
Da „guter Sex“ subjektiv ist und nicht objektiv beurteilt werden kann, stellt sich die Frage, wie aussagekräftig Durchschnittswerte in diesem Zusammenhang sind. In einigen Studien unterlagen sie dem persönlichen Zeitempfinden der Paare und lassen sich somit nicht nachprüfen. Ein weiterer Punkt ist die Definition von Sex: Wann beginnt Sex und wann endet er?
Wird, wie in den Studien, lediglich der Zeitraum zwischen Eindringen und (männlichem) Orgasmus gemessen, werden wichtige Dinge, wie das Warm-up davor und die Berührungen oder eventuelle Stimulationen danach vollkommen außer Acht gelassen. Ebenso ist es mit homosexuellem Sex, oder dem, der ohne Penetration stattfindet.
Sexualität lässt sich nicht in Zahlen, Zeiträumen und Werten definieren. Ob der Liebesakt als gut und befriedigend empfunden wird, hängt von einer Reihe verschiedener Faktoren ab, die sich nicht in Statistiken „pressen“ lassen. Dennoch können Durchschnittswerte interessant sein, wenn sie nicht als Maßstab für die eigene Sexualität gesehen werden – denn die sollte ganz frei sein von Studien und Statistiken!