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Slow Sex für Paare: Warum euer Sex Zeit benötigt
Ob Slow Food, Slow Fashion oder Slow Traveling – Langsamkeit liegt im Trend und ist mittlerweile auch im Sexleben angekommen. Mit Slow Sex wollen Paare ihr Liebesleben bewusster erleben. Doch wie funktioniert dieser Sex-Trend eigentlich genau? Wir klären auf, was es mit dem „langsamen Sex“ auf sich hat.
Was ist Slow Sex? Eine Definition von Sex-Expertin Diana Richardson
Die Südafrikanerin Diana Richardson ist eine echte Sex-Expertin. Sie hat nicht nur viele Bücher geschrieben und einen Film über Slow Sex produziert, sondern bietet außerdem regelmäßig sogenannte „Making-Love-Retreats“ für Paare an, in denen sie zusammen mit ihrem Mann die Grundlagen des langsamen Sex vermittelt.
Für Richardson stellt Slow Sex einen Ruhepol dar, der sich die Kraft der Langsamkeit zu Nutze macht. In ihrem Buch „Slow Sex: Zeit finden für die Liebe“ beschreibt sie dies wie folgt: „Slow Sex führt zu einer Art spiritueller Ehe, die das intensive menschliche Bedürfnis nach Verbundenheit erfüllt und bei Paaren eine positive, verjüngende Energie erzeugt, die dann auch auf die Gesellschaft ausstrahlt. (…) Statt viel zu machen, möchte der Körper einfach sein.“
Ist Slow Sex einfach nur langsamer Sex?
Sex slow zu erleben bedeutet zunächst, einen Schritt zurück zu treten und sich selbst sowie den Partner intensiv zu beobachten. Während der Orgasmus als oberstes Ziel des Geschlechtsverkehrs in den Hintergrund rückt, tritt das gemeinsame, sinnliche Erleben in den Vordergrund.
„Wenn einer der Partner beim Sex das Tempo drosselt, wird sich der andere natürlicherweise in das ausgedehnte Energiefeld hineinziehen lassen“, schreibt Diana Richardson in ihrem Buch. „Je langsamer wir werden, desto mehr können wir entspannen und das Bewusstsein im gegenwärtigen Augenblick halten.“
Slow Sex sollte deshalb jedoch nicht allein auf seine Langsamkeit reduziert werden. Nicht das Tempo ist das entscheidende Merkmal, sondern die gemeinsame, partnerschaftliche Entschleunigung und Entspannung.
Warum Slow Sex?
Schneller. Höher. Weiter. Ob im Job oder in der Liebe – in unserer schnelllebigen Welt haben viele Menschen das Gefühl, permanent performen zu müssen. Doch viele werden dem stetigen Leistungs- und Erwartungsdruck der Gesellschaft überhaupt nicht gerecht und leiden unter Versagensängsten, die sich auch im Bett bemerkbar machen. Oftmals sogar mit negativen Auswirkungen für die Partnerschaft.
Denn: Wenn der Orgasmus als übergeordnetes Ziel des Geschlechtsverkehrs nicht erreicht wird, ergeben sich häufig Schuldgefühle, welche für eine Paarbeziehung auf Dauer das Aus bedeuten können.
Genau hier möchte langsamer Sex ansetzen und einen neuen Weg aufzeigen: Weg vom überbewerteten Ziel des Orgasmus. Hin zu einem bewussten, gemeinsamen Erleben von Intimität und Gefühlen.
Neue Lust für Langzeitpaare durch Slow Sex
Neben Diana Richardson hat sich in Deutschland vor allem Yella Cremer mit ihrem Ratgeber-Buch „Liebe würde Slow Sex machen“ einen Namen zum Thema langsamer Sex gemacht. Zusammen mit ihrem Mann bot sie sogar einen eigenen Online-Kurs an, in welchem Paare Schritt für Schritt alles Wichtige rund um das Thema Langsamkeit beim Sex lernen konnten.
Als Slow Sex Expertin hat sich Yella auf die Beratung von Langzeitpaaren (und allen Paaren, die genau das werden möchten) spezialisiert. Und das aus gutem Grund: In Langzeitbeziehungen droht der Sex nämlich irgendwann auf der Strecke zu bleiben und in der Alltagsroutine unterzugehen.
Slow Sex will dagegen die Leidenschaft in die Beziehung zurückbringen und ist daher die perfekte Verknüpfung von Liebe und Sex. Laut Yella stellt Slow Sex in einer Beziehung eine „besondere, sexuelle Nahrung“ dar, die eine ganz neue Qualität besitzt: „Es geht um sehr intimen Sex.“
Welche Rolle spielt der Orgasmus beim Slow Sex?
Der Weg ist das Ziel. Beim Slow Sex kann es zum Orgasmus kommen, muss es aber nicht. Grundsätzlich gilt beim langsamen Sex eine gegenseitige Absichtslosigkeit.
Statt einfaches Rein-Raus, soll der Sex stets gefühl- und hingabevoll sein – von beiden Seiten. Der Höhepunkt verliert an Bedeutung und wird durch das gemeinsame Erleben von sinnlichen Momenten ersetzt.
Wie geht Slow Sex?
Um Slow Sex als Paar auszuprobieren, solltet ihr vor allem eine Sache mitbringen: Zeit. Langsamer Sex funktioniert nämlich nicht in wenigen Minuten. Damit ihr vollkommen entspannt und entschleunigt seid, solltet ihr euch mindestens zwei Stunden Zeit für euch nehmen und dafür sorgen, dass ihr nicht gestört werdet.
Mögliche Störungsquellen wie Computer, Smartphone oder Telefon sollten bereits im Vorfeld ausgeschaltet werden. Manchmal ist es auch ratsam, die Türklingel vorübergehend zu deaktivieren.
Im nächsten Schritt geht es darum, gemeinsam runterzukommen und den Übergang vom Alltag zum Sex zu gestalten. Legt euch dazu nebeneinander aufs Bett, erkundet mit euren Fingern oder Lippen den Körper eures Partners oder eurer Partnerin und baut behutsam Erregung auf. Wichtig: Es geht nicht darum, besonders schnell horny zu werden. Auch hier gilt: Lasst euch mit allem, was ihr tut, ausreichend Zeit!
Nach einer Weile könnt ihr zu den besonders erogenen Zonen des Körpers (z.B. Penis, Brüste, Vagina) übergehen und diese in eure Erkundungstour einbeziehen. Wenn es anschließend zur Penetration kommt – die beim Slow Sex übrigens als „Verbindung“ bezeichnet wird – sollten die Bewegungen rhythmisch und intensiv, aber stets langsam und gefühlvoll bleiben. Zwischendurch können auch Pausen eingelegt werden, damit die Entspannung nicht in Anstrengung umschlägt.
Slow Sex Stellungen zum Nachmachen
Entspannung und Entschleunigung stehen beim langsamen Liebesakt absolut im Mittelpunkt. Im Folgenden stellen wir daher drei Sexstellungen vor, die sich besonders gut für eine Slow Penetration eignen:
1. Die Missionarsstellung: Klassisch, aber behutsam
Der Klassiker unter den Sexstellungen eignet sich perfekt für langsamen Sex Und das nicht ohne Grund: In der Missionarsstellung ist man seinem Partner ganz nah. Man liegt eng umschlungen auf- oder nebeneinander und kann nicht nur tiefe Blicke, sondern auch intensive Küsse und Berührungen austauschen.
2. Der bestürzte Engel: Sanfter Sex von hinten
Der bestürzte Engel ist eine Löffelchenstellung der ganz besonderen Art: die Beine werden beim Sex angewinkelt, sodass der Mann von hinten in seine Partnerin eindringen kann. Gleichzeitig kann er die Brüste und den Körper der Frau massieren und streicheln. Intimität pur.
3. Zen-Pause: Penetration und Kuscheln
Bei der Zen-Pause liegen beide Partner*innen seitlich nebeneinander, sodass sie sich tief in die Augen schauen können. Während die Frau ihr Bein über die Hüfte des Mannes legt, kann er sanft in sie eindringen. Die Zen-Pause ist die ideale Stellung, wenn ihr Sex mit Kuscheln verknüpfen wollt.
Ist langsamer Sex auch etwas für Männer?
Sex ohne Orgasmus? Wie bitte? Ist das nicht super langweilig? Slow Sex mag für viele Männer zunächst alles andere als vielversprechend klingen. Aber urteilt bitte nicht zu schnell, liebe Männer! Ein langsames Liebesspiel kann nämlich auch für euch eine tolle Bereicherung sein.
Umfragen haben gezeigt: In vielen deutschen Schlafzimmern herrscht immer öfters Flaute. Leistungsdruck, das sexuelle Überangebot im Netz, fehlende Kommunikation – die Ursachen für die steigende Lustlosigkeit sind vielfältig. Besonders Männer sehen sich dem Druck ausgesetzt, immer und überall „können“ zu müssen. Oftmals mit der Konsequenz, dass sie dann gar nicht mehr „können“ wollen.
Sexualität slow zu erleben, bietet ihnen hingegen die Chance, sich von gesellschaftlichen Konventionen und Normen frei zu machen. Beim Slow Sex bedarf es keiner Dauererektion mehr, um Intimität zu erleben – sondern es geht einzig und allein um partnerschaftliche Nähe und Zuneigung.
Tipps für richtig guten Slow Sex
Langsamen Sex muss man lernen – und das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Damit ihr beim gemeinsamen Lernen, Ausprobieren und Erforschen nicht komplett die Übersicht verliert, haben wir die wichtigsten Tipps für gelungenen Slow Sex hier noch einmal zusammengefasst:
- Sex ohne Stress: Nehmt euch ausreichend Zeit und blockt euch einen Zeitraum von 1-2 Stunden.
- Kommt gemeinsam runter: Entspannung & Entschleunigung sind beim langsamen Sex wesentliche Voraussetzungen. Am besten schafft ihr euch einen Raum, in dem ihr nicht gestört oder abgelenkt werdet. Smartphones sind ein absolutes Tabu!
- Kein Orgasmus, kein Problem: Nicht der Orgasmus steht beim Slow Sex im Vordergrund, sondern das gemeinsame Erleben und Erkunden.
- Auf Erkundungstour: Lernt den Körper eures Partners neu kennen – egal, ob mit Fingern, Lippen oder mit der Zunge.
- Penetration ist nicht alles: Viel wichtiger sind gefühlvolle Momente, intensive Berührungen und bewusstes Erleben von Intimität.
- Gemeinsam lernen: Langsamen Sex muss man lernen. Auch wenn es vielleicht nicht beim ersten Mal auf Anhieb klappt – gebt euch die Zeit, von und vor allem miteinander zu lernen und euch weiterzuentwickeln.
Sex ohne Stress – Slow Sex macht’s möglich
Slow Sex wird immer beliebter. Kein Wunder: In einer Welt, die immer schneller und komplexer wird, ist es wichtig, dass sich Paare Räume schaffen, in die sie sich zurückziehen und voll und ganz auf sich selbst konzentrieren können.
Vor allem für Langzeitpaare liegt im langsamen Sex eine große Chance: Vieles, was in ihrem Liebesleben im Laufe der Zeit ins Stocken geraten ist, kann hier neu entdeckt und wiederbelebt werden. Deshalb unser Rat an alle Paare: Slow down – und genießt eure Sexualität in vollen Zügen!